Im Fachgebiet Populationsgenetik wird untersucht, wie sich Populationen einer Art innerhalb ihres Verbreitungsgebietes auf genetischer und genomischer Ebene unterscheiden. Analysen genetischer und genomsicher Strukturen in Raum und Zeit können zeigen, woher Populationen stammen (Biogeographie) oder wie Populationen miteinander verknüpft sind (Migration, Genaustausch, Konnektivität). Ferner zielen wir auf ein Verständnis der Mechanismen ab, die zu Unterschieden zwischen Populationen führen. Beispielsweise wird untersucht, ob Individuen an lokale Umweltbedingungen angepasst sind und ob sie sich während der Migration im Verbreitungsgebiet an andere Bedingungen anpassen können (phänotypische Plastizität, Anpassung). Bei unseren Untersuchungen zeigt sich häufig, daß sich Arten beispielsweise an ihren Verbreitungsgrenzen miteinander vermischen (Hybridisierung). Deshalb umfaßt unser Forschungsportfolio auch Fragen zur Artabgrenzung (alpha-Taxonomie) und zur evolutionären Bedeutung von Hybridisierung (z.B.: adaptive Hybridisierung).
Die Forschung im Fachgebiet Populationsgenetik umfasst derzeit die folgenden Langzeitprojekte:
- Besiedlung der Ostsee als mariner Extremlebensraum: Wir untersuchen wie Wirbellose marine Lebensräume mit extrem geringer Salinität besiedeln können. Dabei nutzen wir Miesmuscheln als Modellorganismen und die Ostsee als Modellregion. Diese Forschung zielt auf Fragen zur Evolution und den Folgen von Klimaveränderungen ab.
- Biogeographie und Populationsstruktur von Tiefseeorganismen: Es werden Biogeographie und Konnektivität von Wirbellosen in verschieden Tiefseegebieten untersucht. Diese Forschung zielt auf die Folgenabschätzung möglicher Aktivitäten im Tiefseebergbau ab.
- Populationsstruktur und Hybridisierung: In verschiedenen Kooperationsprojekten erforschen wir allgemeine Prinzipien, die zur Ausbildung von Unterschieden zwischen Populationen und zur Hybridisierung von Arten führen. Diese Arbeiten an verschiedenen Taxa stehen im Kontext von Evolutionsforschung und Naturschutzgenetik.
Das Interesse an innerartlicher phänotypischer Plastizität und Anpassung hat sich in den letzten Jahren auch auf die Erforschung genomischer Ursachen zwischenartlicher Unterschiede ausgeweitet. Speziell interessieren wir uns auf das Auffinden genomsicher Loci, welche phänotypische Unterschiede zwischen Arten erklären. Dafür werden neue Ansätze der vergleichenden Genomik (z.B.: Forward Genomics) genutzt und Phänotypen verschiedener Arten vergleichend erfasst. Dieser auch konzeptionell neue Forschungsansatz wird in Forschungsverbünden ausgeführt und konzertiert sich derzeit auf die Untersuchung von Säugetieren. Dieser Schwerpunkt steht in erster Linie im Kontext der Evolutionsforschung.
Der Fachgebietsleiter (Heiko Stuckas) ist zur TU Dresden assoziiert (Fakultät Biologie, Lehrstuhl Angewandte Zoologie https://tudaz.net/people/) und unterrichtet in den internationalen Master-Kursen Organismic and Molecular Biodiversity (OMB; https://tu-dresden.de/ihi-zittau/studium/studienangebot/organismic-and-molecular-biodiversity?set_language=en ) sowie Biology in Society (BioS; https://tu-dresden.de/mn/biologie/studium/studieren-an-der-fachrichtung-biologie/master-biology-in-society). Die Lehre (Vorlesungen, Seminare, Praktika) bezieht sich auf Themen zur Molekulargenetik, Populationsgenetik/-genomik und Naturschutzgenetik.
Figure 1: Das Fachgebiet Populationsgenetik nutzt integrative Forschungsansätze um Fragen aus den Bereichen Biogeografie, Konnektivität, Anpassung, phänotypische Plastizität und Hybridisierung zu beantworten. Ferner wird am Beispiel von Säugetieren erforscht, auf welche genomischen Loci zwischenartliche phänotypische Unterschiede zurückzuführen sind.