Katerina Harvati-Papatheodorou

Katerina Harvati erhält einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats

Die Paläoanthropologin untersucht die ersten Schritte des Homo sapiens in Südosteuropa


Professorin Katerina Harvati-Papatheodorou vom Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie der Universität Tübingen und dem Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment der Leibniz-Gemeinschaft hat einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) eingeworben. Für ihr Forschungsvorhaben „Our first steps to Europe: Pleistocene Homo sapiens dispersals, adaptations and interactions in South-East Europe“ (FIRSTSTEPS) erhält sie eine Förderung von 2,58 Millionen Euro über die kommenden fünf Jahre. Ihr Projektpartner ist Professor Stefano Benazzi von der Universität Bologna, für dessen Mitwirkung der ERC weitere 0,72 Millionen Euro bereitstellt.

Harvati und Benazzi wollen im Projekt FIRSTSTEPS erforschen, welche Spuren der frühe Homo sapiens, die heute einzige und weltweit verbreitete Menschenart, bei ihren ersten Schritten in Europa vor rund 200.000 bis 30.000 Jahren im Südosten des Kontinents hinterlassen hat. „Diese Region könnte nach neuesten Erkenntnissen eine Schlüsselrolle im dynamischen Prozess der Begegnungen unterschiedlicher früher Menschengruppen, deren Ausbreitung und Evolution einnehmen“, sagt Katerina Harvati. Der ERC finanziert mit den Advanced Grants Vorhaben mit einem bahnbrechenden und ungewöhnlichen Forschungsansatz von etablierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit einer herausragenden Leistungsbilanz.

Spuren der Evolution in Europa

Für Harvati ist der Advanced Grant bereits der dritte ERC Grant. Auf ihr Projekt „Paleoanthropology at the Gates of Europe“ aus einem Starting Grant 2011 folgte 2016 der Consolidator Grant mit dem Projekt CROSSROADS, in dem sie das Auftreten früher Menschen in Griechenland vor rund 500.000 Jahren untersucht und deren Umweltbedingungen rekonstruiert. In ihrem neuen Projekt springt Harvati einige Hunderttausend Jahre nach vorn, auf den Zeitraum von 200.000 bis 30.000 Jahren vor heute. „Trotz vieler neuer Details, die in der Forschung der letzten Jahre zum Ursprung des anatomisch modernen Menschen zum Vorschein kamen, liegen die genauen Umstände seiner Ankunft in Europa noch immer im Dunkeln“, sagt Harvati.

„Vor kurzem ergaben Arbeiten meines Teams Hinweise, dass frühe Wanderungen des Homo sapiens von Afrika nach Europa 150.000 Jahre eher stattfanden, als man in Forschungskreisen bisher dachte. Das brachte mich auf die Idee zu dem neuen Projekt.“ Damit erscheine die menschliche Evolution in Europa in einem ganz neuen Licht. Die Ausbreitung des Homo sapiens wie auch seine Begegnungen und der Austausch mit anderen Menschengruppen wie dem Neandertaler müssten unter neuen Vorzeichen untersucht werden – und mit der Konzentration auf Südosteuropa.

Kombination zahlreicher Gebiete und Methoden

Im Projekt FIRSTSTEPS will Harvati die Hypothese über dieses überraschend aufgeschlagene europäische Kapitel zur Geschichte des frühen Homo sapiens weiter untersuchen, sowohl durch neue Daten aus der Feldforschung wie auch durch Prüfung alter Sammlungen und Funde aus früheren Ausgrabungen, die in den Zeitraum von 200.000 bis 30.000 Jahren vor heute datieren. „Wir wollen uns über Griechenland hinaus einen Überblick in Südosteuropa, in den angrenzenden Balkanstaaten und auch in Italien verschaffen. Ziel ist es, die paläoanthropologischen Funde der Regionen zusammenzuführen“, erklärt die Wissenschaftlerin. Kombiniert werden Methoden unter anderem aus der virtuellen Anthropologie und der Paläogenetik sowie verschiedene hochmoderne Ausgrabungs- und Datierungstechniken.

Mit dem ERC Advanced Grant setzt Katerina Harvati die Reihe ihrer Erfolge fort. Erst am 15. März 2021 hatte sie für ihre Forschungsarbeiten zur menschlichen Evolution den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft erhalten. Der Preis ist mit 2,5 Millionen Euro dotiert und gilt als die wichtigste deutsche Forschungsauszeichnung. (https://www.youtube.com/watch?v=3z9PcyVedwE)