Watt können wir tun? Küsten- und Biodiversitätsschutz in Zeiten des Klimawandels
Niederländisch-dänisch-deutsches Verbundprojekt beschäftigt sich mit den Auswirkungen des historischen Deichbaus und entwickelt Handlungsempfehlungen für die Zukunft zum Schutz von Mensch und Natur
Angesichts des globalen Klimawandels und des damit verbundenen Meeresspiegelanstiegs stehen der Küstenschutz sowie die Erhaltung des Ökosystems Wattenmeer vor neuen Herausforderungen. Hier setzt das neue Verbundprojekt WADWAD mit Beteiligung von Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven an. Ziel des über vier Jahre laufenden und mit 2,3 Millionen Euro geförderten Projektes ist es, für das Wattenmeer einen trilateralen Aktionsplan zur Bestimmung von innovativen, klimabeständigen und ökosystembasierten Land-Meer-Übergangszonen sowie konkrete, lokale Lösungsansätze zu entwickeln. Im Mittelpunkt steht hierbei die Schaffung von Wissen über die regionalen Auswirkungen der komplexen Zusammenhänge von Sedimentdynamik, Klimawandel und Ökosystemverlusten.
Das Wattenmeer ist Heimat für Millionen von Zugvögeln, seltenen Pflanzen und unzähligen Meeresbewohnern. Dieses einzigartige Naturgebiet von globaler Bedeutung erstreckt sich entlang der Küsten Dänemarks, Deutschlands und der Niederlande und zählt zum UNESCO-Weltnaturerbe. „Die heutige Wattenmeerküste ist in ihrer Ausdehnung und auch Beschaffenheit ein Resultat anthropogener Küstenschutzmaßnahmen, die vor über 700 Jahren mit dem Bau der Deiche begannen“, erklärt Dr. Achim Wehrmann von Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven und fährt fort: „Große Teile dieser ehemaligen Land-Meer-Übergangszonen sind dadurch heute künstlich von den wichtigsten sedimentologischen und ökologischen Prozessen abgekoppelt.“
Die Folgen des Deichbaus und der anschließenden Nutzung der eingedeichten Flächen sind vielfältig: Landabsenkung durch Torfabbau und Entwässerung, Grundwasserversalzung und erhöhte Überschwemmungsgefahr durch das Niveaugefälle zwischen Marsch und Deichvorland. „Durch den Verlust dieser natürlichen Übergangszonen hat das Küstensystem seine Resilienz verloren und gleichzeitig hat der Druck auf die dortige Biodiversität zugenommen“, fügt Wehrmann hinzu.
Der Wilhelmshavener Meeresforscher ist einer der Leiter des Verbundprojektes „WADWAD. WAD was – WAD can we do?“, welches nun über einen Zeitraum von vier Jahren mit 2,3 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Nederlandse Organisatie voor Wetenschappelijk Onderzoek gefördert wird. Gemeinsam mit Forschenden aus den Niederlanden, Dänemark und Deutschland möchten die Wissenschaftler*innen von Senckenberg am Meer einen trilateralen Aktionsplan für die Land-Meer-Übergangszonen entwickeln, der auf einer Synthese bestehender Forschungsergebnisse zur Sedimentdynamik, zum Meeresspiegelanstieg und zu Anpassungsmaßnahmen an der Küste basiert. Dabei sollen in einem „Think Tank“ mit Expert*innen verschiedener Disziplinen naturbasierte Zukunftsszenarien entwickelt werden, die auch eine Bewertung der sozialen Akzeptanz durch Verwaltungen, Bürger*innen aus Küstenregionen und weiteren Interessengruppen beinhalten.
„Angesichts des globalen Klimawandels und des damit verbundenen Meeresspiegelanstiegs stehen das einmalige Ökosystem Wattenmeer sowie der Schutz unserer Küstenregionen vor neuen, schwerwiegenden Herausforderungen“, so Wehrmann und weiter: „Wir möchten in dem Projekt ökosystembasierte Anpassungsszenarien entwickeln, die konkrete, lokale Lösungsansätze bieten.“
Dafür nutzt das Projektteam bestehende Datensätze zur Sedimentverteilung, Litho- und Chronostratigraphie und Paläoökologie, die von den niederländischen, deutschen und dänischen Partnerinstitutionen zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus erfolgt unter anderem eine geowissenschaftliche Datensynthese, sowie die Ausarbeitung wissenschaftlicher sedimentologischer Leitlinien für die Entwicklung von Handlungsempfehlungen. Die Erstellung GIS-basierter „Heatmaps“ dient beispielsweise der Risikoanalyse verschiedener Stressoren und als Datengrundlage zur Entwicklung von Richtlinien für Entscheidungsträger*innen.
„Das Forschungsprojekt WADWAD wird uns helfen, die komplexen Belastungen des Wattenmeeres besser zu verstehen. Es ebnet zudem den Weg zur gesellschaftlichen Transformation, indem wir Handlungsoptionen aufzeigen und Strategien für Managementmaßnahmen entwickeln. Darüber hinaus bildet WADWAD eine neue Brücke zwischen Ländern, Disziplinen, Instituten und verschiedenen Interessengruppen“, schließt Wehrmann.